Rückkehr für syrische Militärdienstflüchtlinge unsicher
Ein deutsches Gericht entschied, dass syrische Männer, die aus Rebellengebieten kommen, als Flüchtlinge anerkannt werden. Zwei Männer, die der Wehrpflicht in Syrien entflohen, berichten über die Gründe ihrer Flucht und was sie bei einer Rückkehr befürchten müssten.
Zuhair Halaa ist 28 Jahre alt, von Beruf Zahnarzt. Der Syrer verließ vor einigen Jahren Damaskus, ging in den Libanon, dann nach Ägypten, bevor er schließlich das Mittelmeer überquerte und 2015 Deutschland erreichte.
Wie viele andere sunnitische Syrer sollte Zuhair nach seinem Abschluss in die Armee eingezogen werden. „Wenn du ein junger Mann in Syrien bist, beendest du deine Schule und gehst dann an die Universität. Wenn ich einmal immatrikuliert bin, kann ich mich zurückstellen lassen“, berichtet er InfoMigrants.
Zain Mohammed, ein 23-jähriger sunnitischer Syrer aus Aleppo, floh auch nach Deutschland, um dem Militärdienst zu entgehen. „Junge Männer in Syrien haben ein großes Problem. Selbst wenn du 40 Jahre alt bist, kannst du mitgenommen werden, um in der Armee zu kämpfen“, sagt er. „Ich wollte nicht in der Armee dienen, weil ich keine Waffe in die Hand nehmen und nicht auf jemanden schießen will, der mich nicht verletzt hat.“
Die syrische Verfassung hat den Militärdienst zu „einer heiligen Pflicht“ erklärt, die gesetzlich geregelt ist. Er ist für alle syrischen Männer über 18 Jahre Pflicht. Männer können sich zurückstellen lassen, wenn sie unter gesundheitlichen Problemen leiden, zur Universität gehen oder oder wie Zuhair weiter lernen möchten. „Ich hatte die Wahl und hätte mich für einen Master immatrikulieren können“, sagt er. „Aber es besteht trotzdem die Gefahr, dass sie mich zum Militär schicken, selbst mit einer Immatrikulation. Es könnte sein, dass sie mich auf der Straße abfangen und sagen, ‚Auch wenn Sie an der Universität sind, selbst wenn Sie Zahnarzt sind, wir nehmen Sie mit.‘„
Zuhair sagt, er kenne eine Reihe von jungen Männern, die von Offizieren der Armee des syrischen Präsidenten Bashar al-Assad mitgenommen wurden. „Diese Leute sind jetzt verschwunden“, sagt er. „Sie sind entweder im Gefängnis oder kämpfen in der Armee. Ich habe überhaupt keinen Kontakt mehr zu ihnen, aber Personen, die verhaftet werden, insbesondere Sunniten, werden in Regionen geschickt, wo die Kämpfe besonders schlimm sind“, fügt er hinzu.
„Ich musste nicht zur Armee gehen, weil ich studiert habe. Aber 2012 beendete ich mein Studium. Also musste ich das Land verlassen. Ich ging in den Libanon, von dort nach Ägypten und kam schließlich in Deutschland an“, ergänzt er.
Rückkehr ist keine Option
Zuhair wurde zum Glück praktisch sofort als Flüchtling anerkannt, als er vor zwei Jahren nach Deutschland kam. Viele andere Syrer, die nach Deutschland flohen, erhielten nur subsidiären Schutz – einen befristeten Aufenthalt für drei Jahre, der ihre Arbeitsmöglichkeiten einschränkt und ihnen auch verwehrt, ihre Familien aus Syrien nachzuholen.
Einige syrische Männer, deren Asylanträge in Deutschland abgelehnt wurden, haben Klage gegen die Entscheidung eingelegt. Die letzte Klage stammt von einer Gruppe von drei syrischen Männern, alle aus der Stadt Homs. Sie kamen Ende 2015 nach Deutschland und beantragten Asyl. Ihre Anträge wurden jedoch abgelehnt, weil das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge keinen Nachweis einer möglichen politischen Verfolgung sah, wenn die Männer in ihr Heimatland zurückkehren würden.
Das Gericht in Kassel, das über die Klage entschied, widersprach im Urteil der Begründung des Bundesamtes. Die aktuelle Situation in Syrien bedeute, dass Rückkehrer im Land inhaftiert und gefoltert würden, insbesondere, wenn sie aus Rebellengebieten oder aus Gebieten kämen, die zuvor von Personen kontrolliert wurden, die sich gegen Präsident Bashar al-Assad stellten. Die Richter sagten auch, dass sich der Konflikt im Land verschärft habe und „der syrische Staat auf illegale Reisen, Aufenthalt und Asylanträge in westlichen Ländern schaue. Das werde inzwischen als Kritik am Regime angesehen.“
„Es wäre gefährlich, jetzt zurückzugehen“, sagt Zuhair. „Sie brauchen mich. Ich habe die Universität abgeschlossen und kann mich nicht noch einmal zurückstellen lassen. Sie würden mich sofort nach der Landung in Syrien inhaftieren“, erklärt er.
So wie Zuhair will auch Mohammed aus Aleppo nicht zurückgehen. Seitdem er 2015 nach Deutschland kam, hat er genügend deutsch gelernt, um sich an einer Universität einzuschreiben und ein Studium in Fotografie und Design zu absolvieren. Sein rechtlicher Status als Flüchtling gibt ihm die Möglichkeit zu arbeiten und sich in Köln niederzulassen, wo er lebt. „Wenn ich jetzt zurückgehen würde, wäre es für mich eine Katastrophe. Um ehrlich zu sein, ich hätte ein ungewisses Schicksal zu erwarten.“
Manasi Gopalakrishnan: Syrian refugees escaping military conscription face uncertain fate upon return. Deutsche Welle, 8. Juni 2017. Übersetzung: rf. Der Beitrag wurde veröffentlicht in: Connection e.V. (Hrsg.): Rundbrief »KDV im Krieg«, Ausgabe Februar 2018.
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