Stellungnahme zur Situation der Kriegsdienstverweigerer in der Türkei

Ministerkomitee des Europarates bezieht Stellung

Entscheidungen

Die Abgeordneten

1. erinnerten daran, dass diese Fälle die wiederholten Strafverfolgungen und Verurteilungen von Antragstellern betreffen, die sich als Pazifisten und Kriegsdienstverweigerer geweigert haben, den im Rahmen der Wehrpflicht zu erfüllenden Militärdienst abzuleisten, wodurch sie dazu gezwungen sind, ein geheimes Leben zu führen, was zu einem „Zivilen Tod“ führt; zugleich gibt es kein Verfahren um ihren Status als Kriegsdienstverweigerer feststellen zu lassen.

Bezüglich einzelner Maßnahmen

2. stellten fest, dass die Antragsteller Mehmet Tarhan, Caglar Buldur, Enver Aydemir, Feti Demirtas, Nevzat Umdu, Barış Görmez und Halil Savda nicht länger der Wehrpflicht unterliegen;

3. äußerten tiefe Besorgnis darüber, dass Osman Murat Ülke, Yunus Erçep und Ersin Ölgün immer noch als Militärdienstentzieher gelten und weiterhin der Situation des „Zivilen Todes“ unterliegen und forderten die Behörden nachdrücklich auf, unverzüglich alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass diese drei Antragsteller nicht länger wegen ihrer Weigerung Militärdienst abzuleisten strafrechtlich verfolgt oder verurteilt werden;

4. forderten die Behörden auf, bis zum 1. September 2020 zu klären, und falls notwendig die erforderlichen Schritte umzusetzen, um sicherzustellen, dass allen aus den Verletzungen gegen die neun Antragsteller folgenden Konsequenzen abgeholfen wird, nämlich die Erstattung der Geldstrafen, Aufhebung der Haftbefehle für frühere Strafen, Löschung des Strafregisters und schließlich, dass keiner der Antragsteller weiter dem Risiko einer Strafverfolgung und Inhaftierung ausgesetzt ist, weil er sich weigert, im Zusammenhang mit seiner Kriegsdienstverweigerung erhobene Geldbußen zu zahlen;

5. forderten die Behörden ferner auf, Informationen über den Ausgang des Strafverfahrens gegen Mehmet Tarhan und über das Strafverfahren gegen die Täter im Falle der Misshandlung von Enver Aydemir vorzulegen.

Bezüglich allgemeiner Maßnahmen

6. bedauerten, dass trotz der Zusage der Behörden bei früheren Überprüfungen des Komitees, Gesetzesänderungen voranzutreiben, keine Fortschritte erzielt wurden; forderten die Behörden daher auf, bis zum 21. Juni 2021 einen Aktionsplan mit konkreten Vorschlägen zu Maßnahmen vorzulegen, um die Feststellung des Gerichtshofes zu dieser Gruppe von Fällen zu berücksichtigen;

7. forderten die Behörden ferner auf, statistische Informationen über die Anzahl der Kriegsdienstverweigerer in der Türkei sowie über Geldbußen, Strafverfolgungen und Verurteilungen vorzulegen, die in diesem Zusammenhang seit der Rechtskraft des Urteils Ülke 2006 verhängt wurden.

Committee of Ministers: H46-40 Ülke group v. Turkey (Application no 39437/98), 13377th meeting, 4. Juni 2020, CM/Del/Dec(2020)1377/H46-40. Übersetzung: Rudi Friedrich. Quelle: https://search.coe.int/cm/Pages/result_details.aspx?ObjectId=09000016809e8f6e. Der Beitrag wurde veröffentlicht in: Connection e.V. (Hrsg.): Rundbrief »KDV im Krieg«, Ausgabe Juni 2020.

Stichworte:    ⇒ Europa   ⇒ Kriegsdienstverweigerung   ⇒ Strafverfolgung   ⇒ Türkei