Widerstand gegen Krieg und Apartheid innerhalb der Grünen Linie im Westjordanland und im Gazastreifen
Newsletter des Refuser Solidarity Networks (RSN)
(14.07.2024) Hallo,
„Ein queerer palästinensischer Jugendlicher aus dem Westjordanland ist auf der Straße, kann jemand helfen?“ Diese Nachricht erhielt ich an einem frühen Oktobermorgen, zwei Wochen nach Israels Angriff auf Gaza. Mein Name ist Tal und ich bin der neue Koordinator für internationale Solidarität beim Refuser Solidarity Network (RSN). Ich möchte Ihnen erzählen, wie ich zu RSN gekommen bin und wie Sie uns unterstützen können. Folgen Sie unserer Seite Voices Against War auf Instagram, Twitter und Facebook, um über den Widerstand der Israelis gegen Krieg und Apartheid auf dem Laufenden zu bleiben. Teilen Sie diese Seite mit Ihren Freund*innen und Bekannten, um uns dabei zu helfen, die Stimmen von Voices against War zu multiplizieren.
Zurück zu Samer. Samer arbeitete mit einer offiziellen Arbeitserlaubnis in einer Autowaschanlage in Israel, als die israelische Polizei seinen Arbeitsplatz stürmte und alle dort beschäftigten Palästinenser*innen zusammentrieb. „Ich habe eine Arbeitserlaubnis“, flehte er. Ein Polizist trat ihn zu Boden und erklärte, dass seine Erlaubnis in Kriegszeiten ungültig sei. Als wir uns das erste Mal trafen, fehlte Samer aufgrund der schweren Schläge des Polizisten einer seiner Vorderzähne. Er wurde aus dem einzigen Wohnheim in Tel Aviv geworfen, nachdem er vom Personal rassistisch beschimpft worden war. Ich versuchte, eine andere Unterkunft für ihn zu finden, aber da ich keine andere Möglichkeit hatte, nahm ich Samer bei einer Reihe von Freund*innen auf, damit er nicht obdachlos wurde.
Samers Leben war vor dem Krieg nicht einfach, aber nach dem 7. Oktober hatte er zu viel Angst, um sich in der Öffentlichkeit zu zeigen. Jede*r Polizist*in konnte ihn ins Westjordanland zurückschicken, obwohl er schon seit Jahren in Tel Aviv lebte. Eine Zeit lang „klebte“ er an meiner Seite; jeden Abend saßen wir beim Abendessen und sprachen über unsere Leben. Alles wurde immer persönlicher. Ich wohnte in verschiedenen Wohnungen in Tel Aviv und freundete mich mit jemandem an, von dem ich dachte, er würde nur ein flüchtiger Teil meines Lebens sein. Die Realität der Apartheid hielt Einzug in mein Zuhause.
Meine Erfahrung mit Samer hat die vorübergehende Trennung, die ich zwischen dem Westjordanland und „hier“ vorzunehmen versuchte, zunichte gemacht. Zu Beginn des Krieges verbrachte ich einen Großteil meiner Zeit damit, Dörfer im Westjordanland zu schützen, die unter der Gewalt der Siedler*innen und des Militärs litten. Das Westjordanland war für mich ein Ort des Handelns, während Tel Aviv mir wie ein Ort des Diskurses vorkam: um über den Krieg zu sprechen und mit Schildern zu protestieren.
Samer stellte dies für mich in Frage. Auch hier war ein Palästinenser, der seinen Alltag in Angst vor physischer Gewalt lebte, der daran gehindert wurde, seinen Lebensunterhalt zu verdienen, und der gezwungen war, im Verborgenen zu leben. Aber wir waren in Tel Aviv und nicht in Hebron.
Zur gleichen Zeit, als ich Samer zu Gast hatte, veröffentlichte der israelische Kriegsdienstverweigerer Tal Mitnickeinen Brief, in dem er Israels Angriff auf den Gazastreifen einen „Rachefeldzug“ nannte. Er beschrieb die wahllosen Bombardierungen von Wohnvierteln und Geflüchtetenlagern im Gazastreifen, die uneingeschränkte militärische und politische Unterstützung für die Gewalt der Siedler*innen im Westjordanland und die politische Verfolgung in einem noch nie dagewesenen Ausmaß innerhalb Israels. Er stellte klare Verbindungen zwischen den Lebensbedingungen im Westjordanland, im Gazastreifen und innerhalb der Grünen Linie her und veranschaulichte die zugrunde liegende politische Agenda, die das Leben in diesen Gebieten bestimmt. Die Lektüre seines Briefes war nach meinen Erfahrungen mit Samer eine wichtige politische Lektion: Verweigerung ist keine punktuelle Reaktion, sondern eine Ablehnung des gesamten Zustands, der alle Menschen vom Jordan bis zum Mittelmeer verbindet.
Die Fähigkeit von Tal Mitnick und anderen Kriegsverweiger*innen, diese politischen Verbindungen herzustellen, hat mich zu RSN gebracht. Ich möchte ihre Stimmen verstärken: Wir sind nicht nur gegen Israels tägliche Massaker in Gaza, sondern gegen ein Regime, das alle Menschen zwischen dem Jordan und dem Mittelmeer betrifft, einschließlich Menschen wie Samer. Gemeinsam können wir den Status quo ablehnen und die wachsende Zahl von Israelis stärken, die sich weigern, sich an Krieg und Besatzung zu beteiligen.
Unterstützen Sie uns dabei, die Geschichten dieser mutigen Verweiger*innen in die Welt zu tragen, indem Sie Voices Against War auf Instagram, Twitter und Facebook folgen und ihre Stimmen in Ihren Freund*innen- und Bekanntenkreis tragen. Helfen Sie uns, die Stimmen von Voices Against War zu verstärken!
In Solidarität,
Tal
Koordinator für internationale Solidarität
Refuser Solidarity Network
Tal, Widerstand gegen Krieg und Apartheid innerhalb der Grünen Linie im Westjordanland und im Gazastreifen. Newsletter des Refuser Solidarity Network (RSN). Gesendet per E-Mail am 14. Juli 2024 und ins Deutsche übersetzt von Connection e.V. https://mailchi.mp/refuser/the-problem-is-not-a-specific-soldier-it-is-the-entire-army-refuser-solidarity-network-17973806
Stichworte: ⇒ Antimilitarismus ⇒ Friedensbewegung ⇒ Israel ⇒ Krieg ⇒ Kriegsdienstverweigerung ⇒ Militär ⇒ Militärdienstentziehung ⇒ Militarisierung ⇒ Militarismus ⇒ USA