Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Frau Premierministerin, sehr geehrter Herr Außenminister,

ich schreibe Ihnen, weil ich mir Sorgen um die Sicherheit von Frau Olga Karatch mache, einer Menschenrechtsverteidigerin aus Belarus, die in Ihrem Land Zuflucht gesucht hat. Kürzlich, am 18. August, lehnten die litauischen Einwanderungsbehörden ihren Antrag auf politisches Asyl ab.

Frau Olga Karatch gehört zur belarussischen Opposition und musste 2020 nach den Protesten gegen die manipulierten Präsidentschaftswahlen ihr Heimatland verlassen. Ihre Organisation Musu Namai (Nash Dom) ist seit mehreren Jahren in Litauen registriert.

Olga Karatch und ihre Organisation kämpfen für Menschen- und Bürgerrechte in Belarus und gegen eine mögliche direkte Beteiligung von Belarus am Krieg in der Ukraine. Dafür wurden sie wiederholt vom Lukaschenko-Regime bedroht. Der belarusische KGB bezeichnete sie als Terroristin, zuletzt gab es Morddrohungen gegen sie. Sollte sie nach Belarus zurückkehren, drohen ihr eine sofortige Festnahme und eine Verurteilung zu vielen Jahren Gefängnis; Selbst die Verhängung der Todesstrafe kann nicht ausgeschlossen werden.

Die 1998 verabschiedete UN-Erklärung zu Menschenrechtsverteidigern bezieht sich auf "Einzelpersonen, Gruppen und Vereinigungen ..., die ... zur wirksamen Beseitigung aller Verletzungen der Menschenrechte und Grundfreiheiten von Völkern und Einzelpersonen beitragen".

Staaten sind verpflichtet, alle Menschenrechte und Grundfreiheiten aller Bürger*innen zu schützen, und Menschenrechtsverteidiger*innen sind, wie in der Resolution 66/164 der UN-Generalversammlung dargelegt, großen Risiken durch Drohungen, Angriffe und Einschüchterungen ausgesetzt, die oft ihr Leben gefährden.

Wir bringen unsere tiefe Besorgnis darüber zum Ausdruck, dass nationale Sicherheits- und Terrorismusbekämpfungsmaßnahmen häufig missbraucht werden, um Menschenrechtsverteidiger*innen ins Visier zu nehmen oder ihre Arbeit zu behindern und ihre Sicherheit auf eine Weise zu gefährden, die dem Völkerrecht widerspricht, wie sie in der Resolution 22/6 des UN-Menschenrechtsrats von 2013 über die Verteidigung von Menschenrechtsverteidigern dargelegt wird. Die Resolution verpflichtet alle Staaten dazu, diejenigen zu schützen und nicht zu kriminalisieren, die sich für die Verteidigung der Menschenrechte einsetzen.

Daher ist die Situation für sie lebensbedrohlich, und wir bitten Sie, Frau Karatch Ihre Unterstützung auszusprechen und ihr den Aufenthalt und die Fortsetzung ihrer Arbeit für Menschenrechte und Frieden in Litauen unter dem sicheren Status eines politischen Asyls zu ermöglichen.

Hochachtungsvoll